Kontemplationen zu Spannungsfeldern der Dharmapraxis

von Kai Romhardt

Kontemplationen zu Spannungsfeldern der Dharmapraxis

Die Lehre des Buddha ist tiefgründig und wunderbar. Sie ist eine effektive Medizin für die Herausforderungen unserer Zeit und lädt uns ein, alle inneren und äußeren Phänomene achtsam zu betrachten, zu durchdringen und tiefer zu verstehen. Der Buddha und seine NachfolgerInnen haben konkrete Wege aufgezeigt, wie wir auch unter schwierigen Rahmenbedingungen glücklich sein können.

In unserer Praxis gilt es eine ganze Reihe von Spannungsfeldern zu balancieren.

Schweigen oder Sprechen? Allein oder mit anderen? Konzentration auf Glück oder auf Leiden? Studieren oder Praktizieren? Auf unserem Übungsweg treffen wir immer wieder Entscheidungen und entwickeln unsere eigenen Schwerpunkte im Umgang mit der Dharmalehre. Hierbei sind wir immer wieder auch in Gefahr, die Balance zu verlieren und in unserer Praxis einseitig oder gar dogmatisch werden. Die folgenden Kontemplationen laden uns ein, verschiedene Spannungsfelder innerhalb der Dharmapraxis wach zu kontemplieren. Es wird empfohlen, nach jeder Kontemplation eine Pause einzulegen, ein Lächeln einzuladen und uns sanft mit unserem Atem zu verbinden.

  • Möge ich das Dharma sowohl mit Hilfe meines Verstandes und meiner Sprache durchdringen als auch die Weisheit der Non-Dualität jenseits der Sprache erfahren und würdigen.
  • Möge ich lernen mich sowohl in der Stille als auch im Austausch mit anderen verbunden und zu Hause zu fühlen.
  • Möge ich mich in meiner Kontemplation der Vier Edlen Wahrheiten sowohl mit den Ursachen des Leidens als auch mit den Ursachen des Glücks beschäftigen.
  • Möge ich in meiner Praxis sowohl meine innere Absichtslosigkeit stärken als auch gezielt geeignete Dharmainstrumente einsetzen.
  • Möge ich das Immaterielle und das Materielle würdigen, möge ich den Geist nicht über den Körper stellen.
  • Möge ich meine Tatkraft und mein Herz zum positiven Wandel in dieser Welt einbringen und gleichzeitig frei von dieser Welt und ihren Verstrickungen bleiben oder werden.
  • Möge ich in meiner Praxis eine Balance zwischen der historischen und der ultimativen Dimension des Seins finden, einseitige Praxis vermeiden und mich nicht in einer der beiden Dimensionen verlieren.
  • Möge ich die Kraft und Sammlung individueller Praxis in Abgeschiedenheit erleben und gleichzeitig ein Bewusstsein für die Kraft und Energie einer gemeinsam praktizierenden Gemeinschaft entwickeln.
  • Möge ich geschickte Lehrmethoden und wirksame Dharmatore für unsere Zeit finden ohne um jeden Preis anschlussfähig sein zu wollen oder die Tiefgründigkeit des Dharma durch übertriebene Vereinfachung zu opfern.
  • Möge ich erfahrenen DharmalehrerInnen grundsätzliches Vertrauen entgegenbringen ohne diesen blind zu folgen oder meine Augen vor ihren menschlichen Unvollkommenheiten zu verschließen. Möge ich Missbrauch beim Namen nennen und gleichzeitig nicht vorschnell verurteilen
  • Möge ich die östlichen Wurzeln und LehrerInnen der buddhistischen Tradition würdigen und mich gleichzeitig um eine hilfreiche Übersetzung des Dharma in unsere westliche Kultur und Sprache kümmern.
  • Möge ich in meiner ernsthaften Praxis meinen Humor nicht verlieren, nicht zu streng auf mich und die Welt schauen und Leichtigkeit und Tiefe im Gleichgewicht halten.

Die hier aufgefächerten Spannungsfelder, mögen uns bei der Einschätzung unserer persönlichen Dharmapraxis unterstützen und uns helfen, Einseitigkeit im Denken und unserer Praxis zu vermeiden. So wächst unser Respekt und unsere Offenheit für alternative Dharmawege und Schwerpunkte. Bleiben wir auf dem Mittleren Weg – vermeiden wir die Extreme –  so nähren wir Glück, Verbundenheit und Frieden.

 


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